Wer Kommunen Bedarfe steuern lässt, gefährdet die Vielfalt der Pflegeangebote

Wer Kommunen Bedarfe steuern lässt, gefährdet die Vielfalt der Pflegeangebote

Wer Kommunen Bedarfe steuern lässt, gefährdet die Vielfalt der Pflegeangebote

bpa-Stellungnahme zur heutigen Anhörung zum Referentenentwurf des Pflegestärkungsgesetzes III

Um die Versorgung von Pflegebedürftigen angemessen zu gewährleisten, bedarf es eines engen Zusammenwirkens von Bund, Ländern, Kommunen, Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen. Diese Zielsetzung des Referentenentwurfes zum Pflegestärkungsgesetz III teilt der bpa. „Bei der Koordination von lokalen Angeboten sowie bei der Verhinderung von Unterversorgung haben die Kommunen in der Tat eine wichtige Aufgabe. Diese haben sie allerdings in den vergangenen Jahren nur sehr zurückhaltend oder gar nicht wahrgenommen. Die Mehrheit der Bundesländer kommt nach wie vor der Verpflichtung nicht nach, die pflegebedürftigen Menschen von den Investitionskosten zu entlasten und die Pflegeeinrichtungen und -dienste zu fördern“, so bpa-Präsident Bernd Meurer zur heutigen Anhörung im Bundesgesundheitsministerium.

Vor dem Hintergrund der in der Vergangenheit nicht oder nur wenig genutzten Regelungen und Gestaltungsmöglichkeiten bleibe der Drang nach mehr Einwirkungsmöglichkeiten wenig nachvollziehbar. Es sei denn, die Bereitstellung von Pflegeleistungen solle durch Steuerung unmittelbar an der Haushaltslage der Sozialhilfeträger ausgerichtet werden, so Meurer weiter.

Aus Sicht des bpa ist die Rolle der Kommunen ausreichend klar beschrieben. Sie sollen dafür sorgen, dass regional ein breit gefächertes pflegerisches Angebot bereitsteht und somit die pflegebedürftigen Menschen und ihre pflegenden Angehörigen das für sie passende Angebot tatsächlich auswählen können. Dazu Bernd Meurer: „Aufgabe der Kommunen darf dabei weder die Bedarfssteuerung der Angebote noch die Fallsteuerung der pflegebedürftigen Menschen sein. Es ist kein Risiko der Kommunen, wenn ein Dienstleister einen Pflegedienst, eine Tagespflege, eine Wohngemeinschaft oder ein Pflegeheim anbietet. Die Kommune ging und geht hier keine Auslastungsgarantie ein; das Risiko für ein bedarfsgerechtes Angebot war und bleibt beim Träger. Aufgabe der Kommunen muss es sein, Versorgungslücken zu erkennen und diese zum Wohle der Pflegebedürftigen zu schließen. Als Anbieter dieser fehlenden Leistungen müssen sie deshalb nicht auftreten. Die vergangenen Interventionen der Bundesländer und der Kommunen hatten häufig eine unerwünschte Nebenwirkung, nämlich lang anhaltende Wettbewerbsverzerrung.“

Der Gesetzentwurf scheine nun ein entschiedenes Sowohl-als-auch vorzusehen. Demnach könne wohl jede Kommune entscheiden, ob und in welchem Umfang sie in die Bedarfssteuerung einsteige. Eine finanzielle Verantwortung der Kommunen solle damit allerdings nicht begründet werden, machte Meurer deutlich.

„Durch den vorgelegten Entwurf besteht die Gefahr, dass unwirtschaftliche Doppelstrukturen etabliert werden. Stattdessen sollten die bestehenden Ressourcen der zugelassenen Pflegeeinrichtungen, die gut vor Ort vernetzt sind, genutzt sowie die bereits vorhandene Pflegeberatung (§ 45 SGB XI) ausgebaut werden. Allein der bpa hat mehr als 3.000 Pflegeberater ausgebildet“, sagte der bpa-Präsident.

Im Grundsatz begrüßt der bpa die Harmonisierung des SGB XII mit dem SGB XI. Die Intention der Übernahme der leistungsrechtlichen Regelungen und des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes mit dem zugehörigen Begutachtungsverfahren wird unterstützt. Gleichwohl wird in der vorliegenden Umsetzung die mangelnde Differenzierung aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Zielsetzungen des SGB XI (Teilleistungsprinzip) einerseits und des SGB XII (Bedarfsdeckungsprinzip) andererseits kritisiert. Sowohl hinsichtlich der Regelungen zum Leistungsanspruch von pflegebedürftigen Menschen des Pflegegrades 1 als auch hinsichtlich der vorgeschlagenen regelhaften Pauschalisierung der Bedarfe der anderen Pflegegrade bei Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII hat der bpa erhebliche Bedenken. „Es entsteht der Eindruck, das SGB XII ist nicht mehr vorrangig am erforderlichen individuellen Hilfebedarf, an der Deckung des vorliegenden Pflegebedarfs ausgerichtet und das Bedarfsdeckungsprinzip sei in Frage gestellt. Hier sieht der bpa deutlichen Korrekturbedarf“, kritisierte Bernd Meurer.

„Ausdrücklich begrüßen wir die vom bpa vielfach geforderte Klarstellung des Anspruchs von Versicherten auf Entlastungsleistungen nach § 45 b Abs. 1a SGB XI ohne ein gesondertes Antragverfahren. Dass der Entlastungsbetrag weiterhin keine Berücksichtigung und damit Anrechnung bei den Fürsorgeleistungen zur Pflege findet, bewerten wir positiv“, so Meurer abschließend.

Quelle:
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa)

Bild: pixelio.com

 

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